G e s u c h t wird die Lenzener Burgbirne
Das Projekt Route der alten Obstsorten im Wendland
in Zusammenarbeit mit dem Pomologen Reinhard Heller bittet um ihre Mithilfe.
Alter:
Der Mutterbaum wurde 1827 im Burggarten zu Lenzen an der Elbe vom damaligen Gräflich von Bernstorffschen Schlossgärtner Laucher zu Gartow entdeckt, der die Sorte im heutigen Dreiländereck Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen‐Anhalt verbreitete.
Eigenschaften der Frucht:
Kreisel‐ bis stumpf kegelförmig, grasgrüne Schale, die nur selten schwach gerötet ist, zahlreiche braune Schalenpunkte sowie Rostflecke, saftreiches und schmelzendes Fruchtfleisch von vortrefflichem angenehm gewürztem Geschmack.
Besonderes Merkmal:
Lang zugespitzte, schwarzbraune Kerne, die mit einem „Köpfchen“ (siehe Abbildung) versehen sind.
Reifezeit:
Mitte Oktober pflückreif mit einer Haltbarkeit von 3‐4 Wochen.
Zuletzt nachgewiesen:
Die Sorte wurde nachweislich noch 1910 von der Baumschule Gottlob Schröter in Salzwedel vertrieben. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sie im Altbestand bis heute überdauert hat, denn Birnbäume können weit über 100 Jahre alt werden. Wegen ihres unauffälligen Erscheinungsbildes (grünschalige Frucht) ist die Sorte bislang nicht identifiziert worden.
Belohnung:
Sachdienliche Hinweise zur Wiederentdeckung der Lenzener Burgbirne bitte an die Telefonnummer 05846 ‐1583 oder 03877 – 40 36 45. Der Hinweisgeber erhält einen Jungbaum dieser Sorte und geht in die pomologische Literatur ein.
Sind unsere Birnen noch zu retten?
Vortrag von Dr. Alexandra Wichura, Landwirtschaftskammer Niedersachsen Pflanzenschutzamt
Vom Donnerstag, 2. April 2009 im Ratskeller in Lüchow
Birnengitterrost in Lüchow-Dannenberg
Unter der Fragestellung „Sind unsere Birnen noch zu retten?“ hatte das Projekt „Route der alten Obstsorten im Wendland“ des Landschaftspflegeverband Wendland-Elbetal kürzlich in den Ratskeller nach Lüchow eingeladen. Abschließend konnte die Frage nicht beantwortet werden, und leider fiel die Prognose insgesamt eher düster aus.
Die aus Hannover angereiste Wissenschaftlerin Dr. Alexandra Wichura vom Pflanzenschutzamt der Landwirtschaftskammer Niedersachsen gab zunächst eine ausführliche Einführung in den Lebenszyklus des Rostpilzes. Der Birnengitterrost nutzt einige nicht heimische Wacholdersorten als Hauptwirt, wächst darin im Holz und gerade jetzt im April und Mai fliegen die Sporen bevorzugt bei warmem feuchtem Wetter auf unsere Birnenbäume. Dort setzt sich der Pilz auf den Blättern fest und wuchert gitterförmig durch die Blätter hindurch. Die bis zu zwei Zentimeter großen Pilzflecken haben eine rostige Farbe. Kräftige Bäume tragen eine Zeit lang noch Früchte, werden aber geschwächt. Als in den 70er Jahren der Wacholder als immergrüner, beliebter Zierstrauch seinen Einzug in die deutschen Gärten nahm, begann sich der Birnengitterrost in Niedersachsen auszubreiten. Die anwesenden Zuhörer berichteten, dass er in Lüchow-Dannenberg seit den 90er Jahren vermehrt auftritt. Auch in der ehemaligen DDR ist er erst nach der Wende aufgetaucht. Dr. Wichura wusste, dass er sich zurzeit in Skandinavien ausbreitet, was vielleicht in Klimaveränderungen begründet sein kann.
Der Pomolge Reinhard Heller aus Diesdorf berichtete, dass die Bäume allmählich von der Spitze her absterben, da sich der Birnengitterrost bei schwerem Befall auch über die Blüten und Knospen hermacht. Die Blätter werden vorzeitig schwarz, der Fruchtansatz fällt ab. Eventuell kommt es zu Überlagerungen mit anderen Krankheitsbildern, was unbedingt abgeklärt werden müsste.
Wichuras Fazit: Zurzeit ist der Birnengitterrost in Privatgärten mit Spritzmitteln nicht zu besiegen, da es für Privatpersonen kein zugelassenes Fungizid gibt.
Mehrfach machte Wichura deutlich, dass dringender Forschungsbedarf besteht. Bei der Vorbereitung der Veranstaltung hatte sie mit Erschrecken festgestellt, dass es zu diesem in manchen Regionen Niedersachsens so gravierenden Problem kaum fundierte Forschungsergebnisse gibt. Das half den Zuhörern wenig. Sie berichteten von alten Bäumen, die sie seit Jahrzehnten begleitet haben, die seit einiger Zeit alljährlich schwächer werden.
Lebhafte Diskussionen gab es dann unter den Zuhörern, Wichura und Heller darüber, was zu tun sei, um unsere Bäume so lange wie möglich zu erhalten.
Ein fachgerechter, kräftiger Schnitt verhindert, dass die Feuchtigkeit zu lange auf den Blättern bleibt und die Pilzsporen Fuß fassen können und ist daher dringend zu empfehlen.
Gute Bodenverhältnisse und Nährstoffversorgung kräftigen den Baum. Befallene Wacholderbüsche wegzunehmen oder mindestens bis in das gesunde Holz zurück zu schneiden ist eine Möglichkeit, den Sporendruck zu verringern. In dicht besiedelten Bereichen aber sinnlos, da die Sporen weit fliegen und die befallenen Stellen an den Wacholdern nur mit einiger Erfahrung zu entdecken sind. Willi Schulz aus Tolstefanz wusste zu berichten, dass auf seiner mehrere Kilometer von der nächsten Ortschaft entfernt liegenden Streuobstwiese junge Bäume befallen sind.
Der Vorschlag, den Verkauf der entsprechenden Wacholderarten zu verbieten und deren Beseitigung in den Gärten anzuordnen, wurde als nicht Erfolg versprechend abgelehnt. Parallelen zu den gescheiterten Versuchen den Feuerbrand entsprechend zu bekämpfen wurden angeführt. Es sollte jedoch darauf geachtet werden im Fachhandel, möglichst resistente Wacholder zu erwerben und auch bei den Birnen nachzufragen, wie empfindlich, die gewünschten Sorten gegen Pilzkrankheiten sind.
Zusammenfassender Bericht von A.v.Oppen
Abschließend wies Reinhard Heller auf die Bedeutung des Genmaterials unserer Bäume hin, welches vielleicht eines Tages helfen kann, resistente Sorten zu züchten.